Keine Missionierung auf unserem Campus! Bildung statt Bekehrung

Bei der fünfzehnten Sitzung des elften Studierendenrats am 10.06.2024 stimmten die anwesenden Mitglieder folgender Stellungnahme mehrheitlich zu:

Begründung:
Missionierung verletzt das religiöse Selbstbestimmungsrecht der Studierenden. Das agressive Ansprechen von Leuten gleicht einer Nötigung der Studierenden und verletzt das Neutralitätsgebot der Uni. In letzter Zeit werden wird uns von immer mehr Missionierungsversuchen auf dem Campus berichtet. In diese reihen sich die sogenannten Hochschultage ein. Was zunächst unverfänglich klingen mag, ist eine Veranstaltung mit klar missionarischem Anspruch. Das wird neben den Themen nicht zunächst durch die Strukturierung der Veranstaltung statt.
Wenn missionarische Veranstaltungen im studentischen Clubhaus stattfinden darf die Studierendenschaft nicht schweigen!
 
 
Der StuRa möge daher beschließen:

Die Verfasste Studierendenschaft Tübingen lehnt aufsuchend missionarische Veranstaltungen auf dem Campus ab.

Als Folge dessen kritisiert er die „Hochschultage“ als Veranstaltung mit klar missionarischem Anspruch. Deshalb beteiligt er sich an der am Dienstag stattfindenden Kundgebung gegen die Hochschultage und veröffentlicht das folgende Statement auf seiner Website:

Die Verfasste Studierendenschaft untersützt die Forderungen des Bündnisses „Keine Missionierung auf unserem Campus“ und kritisiert die zunehmende Anzahl an Missionierungsversuchen auf dem Campus. Sie sieht dabei verschiedene Akteure, die versuchen mit teils überwältigenden Methoden Studierende zu missionieren.

Einer der Hauptakteure sind dabei die Veranstalter*innen der Hochschultage (HST), die vom 10. bis 13. Juni von der sogenannten „Vereinigung christlicher Hochschulgruppen in Tübingen“ – bestehend aus der Hochschul-SMD, Campus Connect und dem Albrecht-Bengel-Haus – veranstaltet werden.

Aus Sicht des Referenten für politische Bildung, Raphael Kupczik, steckt hinter dem harmlosen „Glauben teilen“ mehr: „Gerade die zwei Veranstaltungen mit Dominik Klenk und Jana Hochhalter zeigen, dass hier teils reaktionäre Haltungen vertreten werden. Klenk wirkte als Prior der Offensive Junger Christen, welche über das von ihnen gegründete Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft Werbung für die, mitlerweile in Deutschland verbotene, Konversionstherapie machte (https://bkramer.noblogs.org/reinheitsbewegung-was-steckt-dahinter/; 05.06.24). Jana Hochhalter betreibt gemeinsam mit Jasmin Neubauer – welche in der Vergangenheit durch ihre Kooperation mit dem Reichsbürger-nahen Youtube-Kanal ‚Ketzer der Neuzeit‘ auffiel, und selbst auf ihrem Instagram-Kanal trans*feindliche Aussagen trifft – einen Podcast, in dem auch die üblichen konservativen bis reaktionären Aussagen wiedergegeben werden, welche für die Szene typisch sind.“

Hierzu ergänzt Yannick Decker, Referent für politische Bildung bei der Verfassten Studierendenschaft: „Bei den HST treffen sich mit Blick auf die beiden Vortragenden Hochhalter und Klenk auf dem Campus der Universität Tübingen professionelle mediale Inszenierung, Propagierung christlichen Glaubens und konservativ politische Inhalte, die mindestens anschlussfähig für rechte Akteur*innen sind und so eine Art Brückenfunktion darstellen. Warum die Universität Tübingen dafür Orte stellt, ist – nicht nur in Zeiten einer notwendigen Abgrenzung nach rechts über sogenannte „Brandmauern“ – unerklärlich.“

Bei Vorträgen im Rahmen der sogenannten Hochschultage wird die Frage gestellt ob Glaube und Wissenschaft zusammenpassen würden. Für Ulli Pfaff vom Befreiungstheologischen Netzwerk Tübingen ist diese Frage durch die gelebte Praxis in den Theologischen Fakultäten und Instituten unserer Uni längst beantwortet: „Glaube wird in diesen wissenschaftlich kritisch reflektiert und beforscht. Die wohl reichweitenstärkste Gästin der Hochschultage Jana Hochhalter greift eine solche Praxis an, wenn sie in ihrem Podcast kritisiert, dass nicht-gläubige Menschen Theologie studieren dürfen. Angesichts dessen sollte die Universität lieber die theologische Forschung an ihren Fakultäten und Instituten fördern, als Hochschultage, welche Grundsätze wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit Glauben widersprechen.“

Deshalb rufen wir zusammen mit dem Bündnis „Gegen Missionierung auf unserem Campus“ am Dienstag, dem 11. Juni, zu einer Kundgebung um 18:15 Uhr auf dem Vorplatz des Kupferbaus auf und begrüßt eine kritische Beteiligung an den Veranstaltungen der Hochschultage.

Studierendenrat Tübingen